Reichelsheimer Nachrichten

Meldung vom 11.08.2023

Das 'Wäldchen' in Reichelsheim lebt - BUND und Bürgerinitiative feierten

Am Samstag, den 5. August wurde in Reichelsheim der neu ausgerufene 'Wäldchen-Tag' gefeiert. Aufgerufen hatten der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Bürgerinitiative 'Rettet das Reichelsheimer Wäldchen'. Es kamen Bürger*innen, die sich für den Erhalt des Wäldchens eingesetzt hatten sowie Politiker*innen der Grünen und der CDU aus Reichelsheim.

Monika Rhein begrüßte als Vorsitzende der BUND Ortverbandes Florstadt/Reichelsheim und verlas einen Brief des BUND, mit dem schon im August 2020 das Gespräch mit der Reichelsheimer Verwaltung gesucht worden war. Dabei war schon aufgezeigt worden, dass es sich um einen Wald handle und nicht um die Ansammlung einiger Büsche. Dies wurde sowohl von der Bürgerinitiative und vom BUND (unterstützt durch die Hessische Gesellschaft für Ornithologie in Echzell sowie von Fachleuten der Forstwirtschaft) mit einer Auflistung der Pflanzenvielfalt sowie der vorkommenden Vögel und Fledermäuse ausführlich dargelegt. Als dann Ende 2022 das Gerücht aufkam, die Stadt würde in Kürze das Wäldchen roden, bat der BUND das Forstamt Nidda um eine Stellungnahme, ob es sich um einen Wald im Sinne des Forstgesetzes handle. Dies hat das Forstamt Nidda kurz danach bestätigt. Diese Auskunft hätte die Stadt Reichelsheim auch selbst schon Jahre zuvor einholen können.

Gewinn für Naturschutz und die Kinder
Der Kreisvorsitzende des BUND KV Wetterau, Dr. Werner Neumann stellte unter dem Jubel der Festgemeinschaft fest, dass der BUND und die Bürgerinitiative gewonnen hätten. Es komme ja nicht so oft vor, dass die Umweltbewegung wirklich was zum Feiern hätte. Aber der Grund des Erfolges sei, dass wir alle und die Stadt Reichelsheim auch etwas gewonnen hätte, nämlich den dauerhaften Erhalt des 'Wäldchens' als Oase in heißen Zeiten, als Spielraum für Kinder und Erholungsort der dem Klimaschutz diene.

'In anderen Orten werden Beschlüsse gefasst, solche 'Mini-Wälder' anzulegen', so erläutert Neumann. Auf der diesjährigen Landesgartenschau in Fulda habe das Forstamt Fulda bereits damit begonnen, einen 'tiny forest' in der Größe von 250 Quadratmetern als Anschauungsobjekt anzulegen. 'Reichelsheim hat gewonnen, denn es hat schon einen Wald in der Stadt mit 4.000 Quadratmetern und großer Vielfalt'.

Gewonnen haben auch die Kinder, denn endlich kann die Stadt Reichelsheim die Kindertagesstätte bauen. Wir freuen uns, dass wir helfen konnten, die Steine aus dem Weg zu räumen. 'Nun sollte die neue Kita klimafreundlich als Passivhaus gebaut werden, was in Frankfurt schon über 15 Jahre Standard ist', stellte Neumann fest. 'Dies ist besonders energieeffizient mit erneuerbaren Energien, statt der bisherigen Planung, die Kita an die Ölheizung des Bürgerhauses anschließen zu wollen'.

Ehrenamtliches Engagement zahlt sich aus
Der Sprecher der Bürgerinitiative, Rudolf Zentgraf blickte auf die Aktivitäten der letzten drei Jahre zurück. Nach dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung genau am Standort des Wäldchens einen Kindergarten bauen zu wollen, gründete sich die Bürgerinitiative 'Rettet das Wäldchen'. Bereits im August 2020 wies der BUND die Stadt darauf hin, dass es sich um Wald handele, der nicht einfach gerodet werden könne. Auch eine Ortsbegehung der BI mit der Bürgermeisterin Ende August 2020 zusammen mit etlichen Stadtverordneten führte zu keinem Umdenken. Im September 2020 verteilte dann die BI einen Informations-Flyer an alle Reichelsheimer Haushalte und sammelte Unterschriften für eine Petition. Im Dezember 2020 stellte die BI ein gut ausgearbeitetes Alternativkonzept im Fachausschuss der Stadt vor. Es wurde mehrheitlich abgelehnt. Im Jahr 2021 wurden selbstfinanzierte Banner aufgehängt. Da im Sommer die Planungen für den Kindergarten trotz teurem Architektenwettbewerb immer noch im Anfangsstadium steckten (es gab noch keinen gültigen Bebauungsplan) schlug der BUND eine Denkpause vor und beantragte, das Wäldchen als geschützten Landschaftsbestandteil auszuweisen. Dies wurde von der Verwaltung und vom Parlament abgelehnt.

Das Wäldchen ist ein Wald!
Im Herbst 2021 traf man sich dann mit Bürgern, Mitgliedern der GRÜNEN und den beiden Oppositionsparteien im Stadtparlament CDU und Freien Wählern, die im Stadtparlament leider nur 12 von 27 Sitzen haben; die SPD verfügt dort über eine absolute Mehrheit. In der Opposition begann ein Umdenken. Im Frühjahr 2022 wurde von Udo Seum und Stefan Stübing von der HGON eine Liste der vorkommenden Vogelarten erstellt und mit Aufzeichnungsgeräten die Fledermäuse erfasst. Im Herbst 2022 bat der BUND das Forstamt um eine Stellungnahme zur Frage, ob das 'Wäldchen' ein Wald sei und bekam eine klare Antwort: 'Jede mit Forstpflanzen bestückte Fläche mit waldtypischem Binnenklima ist ein Wald'! Damit gerade auch das 'Wäldchen'. BUND und BI stellten dies in einer Veranstaltung im Februar 2023 vor. Eingriffe in den Wald sind mit hohen Auflagen verbunden, der Bau der KiTa war damit an dieser Stelle nicht mehr möglich.

Daraufhin haben CDU und Freie Wähler öffentlich klargemacht, dass sie umdenken und das Fällen des Wäldchens nicht mehr mittragen können. Bevor sich das Parlament mit der Frage nochmal beschäftigen konnte, hat sich dann im Juli die Bürgermeisterin Lena Herget öffentlich von diesem Standort verabschiedet. Rudi Zentgraf beendet seine spannende Auflistung mit dem Satz: 'Drei Jahre voller ehrenamtlichen Engagements und sehr viel Arbeit haben nun Früchte getragen.'

Das Treffen wurde mit einer kleinen musikalischen Einlage von Kurt Bernecker und dem gemeinsamen Singen 'mutiger' Lieder ('Die Gedanken sind frei') abgerundet. Und es wurde vereinbart, auch im kommenden Jahr einen 'Wäldchen-Tag' zu feiern.


waeldchen0423.jpg
Der Kreisvorsitzende des BUND KV Wetterau Dr. Werner Neumann stößt mit den Gästen auf den Erhalt des Reichelsheimer Wäldchens an.


Quelle: Eckhard Neitzel (BUND KV Wetterau/Kreisgeschäftsstelle)



Meldung von www.alexanderhitz.de