Reichelsheimer Nachrichten
Meldung vom 13.08.2023
Reichelsheimer Klimabrief: Arten- und Biodiversitätsschutz im häuslichen Bereich
Mit dem 'Reichelsheimer Klimabrief' wollen die GRÜNEN Reichelsheim das Bewusstsein für die Erderwärmung und den Klimawandel speziell in der Stadt Reichelsheim stärken und mit interessierten Mitbürgern in die Diskussion gehen. Feedback nehmen die GRÜNEN gerne unter gruene-reichelsheim@web.de entgegen.
Von Merlin Fleischhauer
Um an den letzten Klimabrief anzuknüpfen, in dem es um Artenschutz in der Kulturlandschaft ging, möchten die Reichelsheimer GRÜNEN das Thema nun hinsichtlich des Lebens im städtischen oder in unserem Fall - im dörflichen Raum beleuchten.Wir schrieben im letzten Klimabrief vom schwierigen Überlebenskampf verschiedener Tier- und Pflanzenarten, die auch außerhalb von Siedlungen stark durch menschlichen Eingriff beeinflusst und beeinträchtigt werden. Wir beschreiben an einigen geläufigen Beispielen, was Einzelne direkt in ihrem häuslichen Bereich zum Thema Arten- und Biodiversitätsschutz tun können.
Insekten
Einige Insekten, wie Wespen etwa, stehen bei uns am anderen Ende der Sympathieskala - jedoch weitgehend unberechtigt. Mit Bienen, Faltern und Schmetterlingen haben wir deutlich weniger Konfliktberührungspunkte. Wespen dagegen begegnen uns vor allem als 'Störenfriede' in der Bäckereivitrine und an der Kuchentafel. Dabei sind sie eigentlich Fleischfresser, die vornehmlich andere Insekten jagen, zum Beispiel Mücken. Während Wespen also am Kuchentisch erschlagen werden, heißt es bei Bienen: Erst stirbt die Biene, dann der Mensch. Bienen sind das wichtigste Nutztier des Menschen, vor allem wegen ihrer Bestäubungsarbeit. Diese ist essenziell für unsere Nahrungsmittelsicherheit. Zum einen bestäuben Bienen, sowie andere tag- und nachtaktive Fluginsekten bestimmte Pflanzen, deren Früchte wir direkt essen, zum anderen sind die Bestäuber aber auch wichtig für die Vermehrung von Pflanzen wie Klee, die unseren weiteren Nutztieren als Nahrung dienen. In den vergangenen Jahren ist ja erst vom Bienensterben die Rede gewesen, dann vom Wildbienensterben, später vom Insektensterben und schließlich vom Schwund der Biodiversität. Ein anderes Problem der Insekten abgesehen von Giften, ist der Verlust von Lebensräumen und Nistmöglichkeiten. Kommunen und Privatpersonen sind gefragt durch die Gestaltung von Gärten, Grünflächen und Parks eine Verbesserung der Lebensräume von Wildbienen und vielen anderen Insekten im kleinstrukturierten Bereich herbeizuführen. Diese Bereiche finden wir in der heutigen Landwirtschaft nicht mehr.

An einem heißen Sommertag stillen Bienen und Wespen ihren Durst an einem kleinen Gartenteich.
Vögel
Artenschutz muss also auch innerhalb menschlicher Siedlungen ein Thema werden. Selbiges gilt für Vögel. Könnte man einen Buntspecht, eine Grasmücke und einen Spatz fragen, was ein schöner Garten ist, würden die Antworten sehr unterschiedlich ausfallen: 'Alte Bäume sind wichtig', würde der Specht antworten. 'Unter der Rinde finde ich leckere Insekten, und die hohlen Teile verstärken mein Trommeln so schön.' Die Grasmücke würde zwitschern: 'Ich liebe dichte Hecken, da bin ich sicher vor der Katze.' Und der Spatz würde vielleicht sagen: 'Mir sind sandige Stellen wichtig, damit meine Freunde und ich regelmäßig Sandbäder nehmen können.'
Wer seinen Garten vogelfreundlich gestalten und viele Arten anlocken will, sollte darauf achten, unterschiedliche Strukturen zu schaffen. In einem abwechslungsreichen, vogelfreundlichen Garten leben bis zu 20 verschiedene Arten. in einem aufgeräumten Garten mit Rollrasen und Gabionen vielleicht nur zwei. Oft reichen schon kleine Veränderungen, um den Garten für Vögel attraktiver zu machen - und viele davon lassen sich auch auf einem kleinen Grundstück verwirklichen. Doch was genau macht einen Garten eigentlich zum Vogelparadies?
Bäume haben für Vögel viele Vorteile. Sie können dort Nester bauen, aber auch Nahrung finden. Viele Arten nutzen hoch gelegene Äste und Zweige als 'Singwarte', also einen erhöhten Platz, von dem aus sie mit ihrem Gesang eine Partnerin anlocken oder ihr Revier markieren können. Besonders beliebt bei Vögeln sind Vogelkirsche, Eberesche und Eiche.
Vor allem Eichen werden für die meisten Gärten aber viel zu groß. Eine gute Alternative sind Obstbäume. Für einen kleineren Garten sind Weiden gut geeignet, weil sie sich gut auf die gewünschte Größe zurückschneiden lassen. Ein Traum für viele Vögel sind abgestorbene Bäume, weil sich in ihnen gut Nisthöhlen anlegen lassen und in morschem Holz besonders viele Insekten leben. Vogelfreundlicher wird der Garten aber auch schon, wenn aus lebenden Bäumen nicht alle abgestorbenen Äste entfernt werden. Wer keine alten Bäume im Garten hat, kann auch einen Haufen mit Totholz anlegen.
In Sträuchern und Hecken finden Vögel Schutz vor Katzen, Waschbären, aber auch vor Eichhörnchen, die nicht nur Nüsse und Samen fressen, sondern auch Jungvögel. Perfekt für einen vogelfreundlichen Garten sind heimische Pflanzenarten wie Weißdorn, Holunder und Schneeball, die viele Insekten anziehen. Alle drei tragen zudem Früchte, die von vielen Arten auch noch im Winter gefressen werden, wenn es keine Insekten gibt. Forsythien sind hingegen für Insekten und damit auch weitgehend für Vögel nutzlos: Ihre gelben Blüten enthalten keinen Nektar. Auch Kirschlorbeer sollte man auf keinen Fall pflanzen. Die aus der Türkei stammende Pflanze wächst zwar schnell, bietet einen guten Sichtschutz und ist deshalb für Hecken beliebt, hat aber für Insekten und Vögel keinen Wert, Blätter und Samen sind sogar giftig.

Der Hausspatz hat sich längst an den Menschen gewöhnt. Nicht nur er ist ganzjährig dankbar für etwas Futter im Garten.
Besser als ihr Ruf ist dagegen die ebenfalls nicht heimische Thuja-Hecke. Sie ist sehr dicht und zudem immergrün, sodass sie Vögeln schon im Frühjahr Schutz bietet, wenn andere Pflanzen noch keine Blätter haben. Überschätzt wird der Schmetterlingsflieder. Der zieht zwar Schmetterlinge an, aber für die Insekten- und Vogelvielfalt im Garten sind Brennnesseln nützlicher, an denen viele Raupen nagen. Die Raupen werden dann wieder von Vögeln gefressen: Kohlmeisen zum Beispiel ziehen ihre Jungen damit groß. Wer nur einen kleinen Garten hat, kann mit einem umgedrehten Wurzelteller einen Rückzugsort für Vögel schaffen. Auch Zaunkönige, die mit einem Gewicht von nur acht Gramm zu den kleinsten Vögeln Europas gehören, lassen sich in Hecken beobachten. Das Männchen baut mehrere Nester, das Weibchen wählt das geschützteste aus, um darin zu brüten. Wenn man Glück hat, kann man in der Hecke Klappergrasmücken beobachten, die Zweige und Blätter nach kleinen Insekten absuchen. Bevor sie im Herbst in den Sudan oder nach Äthiopien fliegen, fressen die kleinsten der in Deutschland heimischen Grasmücken auch Beeren.
Ein Teich im Garten unterstützt die Artenvielfalt im Allgemeinen und die Vogelvielfalt im Besonderen. Fast alle Vogelarten sind froh, wenn sie im Sommer einen Ort haben, an dem sie trinken können.
Vor allem körnerfressende Arten wie der Spatz müssen regelmäßig trinken. Viele Arten nehmen auch gerne ein Bad, um ihr Gefieder zu pflegen. Die meisten tauchen dabei nicht ganz unter, sondern bespritzen sich, indem sie mit den Flügeln schlagen. Außerdem entwickeln sich im Wasser Insektenlarven, sodass das Nahrungsangebot durch einen Teich im Garten größer und vielfältiger wird. Wer nur einen kleinen Garten hat, kann ein Vogelbad aufstellen. Aber Vorsicht: Möglichst so, dass sich Katzen nicht unbemerkt anschleichen können. Wichtig ist, auch darauf zu achten, dass Vögel nicht ertrinken können. Vogelbäder müssen nicht tief sein und sollten einen flachen Rand und eine raue Oberfläche haben. Man kann einen Stein in die Mitte legen, so kann der Vogel wieder heraus und auch Insekten können so wieder herausklettern. Eine Gefahr sind offene, nicht ganz gefüllte Regentonnen. Damit trinkende Vögel dort wieder herauskommen, kann man zum Beispiel ein Brett hineinlegen, bzw. stellen.
Auch in vogelfreundlichen Gärten gibt es oft zu wenige gute Nistplätze. Künstliche Nisthilfen sind deshalb eine sinnvolle Möglichkeit, den Garten vogelfreundlicher zu machen. Allerdings sollte man gut darauf achten, welche man wählt. Es gibt viele ungeeignete Modelle auf dem Markt, die zum Teil sogar eine Gefahr für Vögel sind. Manche sind so konstruiert, dass man sich fragt, ob die Tiere da wieder rauskommen, andere seien aus Metall, sodass die Gefahr besteht, dass sie sich zu stark erhitzen. Bewährt haben sich atmungsaktive Nistkästen aus Holz.

Vor allem Spatzen baden gerne in Sand und Staub um Milben und andere Parasiten loszuwerden - daher kommt übrigens auch der Name 'Dreckspatz'.
Eichhörnchen
Auch Eichhörnchen sind auf Futtersuche und werden präsenter in der Stadt, denn je mehr gebaut und versiegelt wird, desto mehr Bäume verschwinden, und den Tieren fehlt der natürliche Lebensraum.
Wenn alter Baumbestand wegen Baumaßnahmen gefällt wird, verlieren die Tiere ihr Zuhause. Selbst wenn neue Bäume gepflanzt werden, dauert es oft Jahrzehnte, bis die wieder groß sind und ausreichend Früchte tragen. Da haben es die Mütter schwer, für ihre Jungen Nahrung zu finden und sie warm zu halten. Oft
Quelle: Merlin Fleischhauer, Grüne Reichelsheim vom 13.08.2023
Bilder: Archiv alexanderhitz.de
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